In den Medien ist sie ein Dauerthema: Die Kryptowährung Bitcoin. Der allgemeine Konsens lautet: Achtung, hochriskant! Totalverlust möglich! Wir haben mit einem gesprochen, der ist anderer Meinung und zu 100% von der Bitcoin-Währung überzeugt. Immerhin hat er in den letzten Jahren mit Bitcoins so viel Geld verdient, dass er seinen Job jetzt gekündigt hat und sich selbständig machen kann. Im Bitcoin-Business natürlich.
Interview: Von Angelika Imhof
Als ich Sebastian* (27) vor einer Weile gefragt habe, ob er Lust hat, sich bei einem Kaffee über Bitcoins zu unterhalten, hat er sofort zugesagt. Unter der Bedingung, dass er komplett anonym bleiben darf. Warum? Weil er sich mit Bitcoins eine goldige Nase verdient hat und damit nicht herumprahlen möchte. Bedingung akzeptiert.
Wenn Sebastian von Bitcoins und dem ganzen Drumherum erzählt, komme ich an meine Grenzen. Jeder Satz enthält mindestens vier Wörter die mir nichts sagen und obwohl er Dialekt spricht, klingt es wie eine Fremdsprache in meinen Ohren. Er nimmt Rücksicht und versucht immer wieder zu paraphrasieren, erklären und vereinfachen. Doch ein IT-durchtränkter Satz ersetzt bloss den nächsten und ich beschliesse, später einfach alles zu googeln.
Kennengelernt haben wir uns vor zwei Jahren. Schon da hat er von Bitcoins geschwärmt. Hätte ich mich damals ein bisschen mehr dafür interessiert und selbst ein paar Bitcoins gekauft, dann müsste ich mir jetzt nicht mehr zweimal überlegen, ob es dieses Jahr drin liegt, ein GA zu kaufen…
Sebastian, wann hast du zum ersten Mal Bitcoins gekauft?
Das war 2013. Ich habe im Internet davon gelesen und drei Tage später gekauft.
Wie viel hast du damals investiert?
Ich weiss noch, dass ich meinen ersten Bitcoin zu einem Wert von 70 CHF gekauft habe. Insgesamt habe ich 1000 CHF investiert – ich war damals noch ein Student und hatte ein beschränktes Budget. Seiher habe ich nie mehr Bitcoins dazugekauft – ich trade nur noch damit.
Wieviel Vermögen hast du dadurch heute?
Das möchte ich nicht sagen. Aber ich könnte problemlos die nächsten paar Jahre davon leben ohne einen Finger zu krümmen. Eigentlich müsste ich nie wieder arbeiten, sondern könnte mein Geld einfach mit Bitcoin-Trading verdienen.
Eine ziemlich einsame Tätigkeit oder?
Schon. Deshalb werde ich mich mit einem Kollegen zusammentun, der sich ebenfalls sehr intensiv mit Bitcoins beschäftigt und eine Firma gründen, die sich dem Trading und Mining von Bitcoins widmet. Vor wenigen Wochen habe ich meinen Job als Informatiker gekündigt.
Selbständig mit 27 – nice.
Es war immer mein Traum, mal selbständig erwerbend zu sein. Jetzt ist es möglich geworden und ich kann etwas machen, wofür ich eine echte Passion habe.
Solche Erfolgsgeschichten heizen die Goldgräber-Stimmung, die derzeit im Zusammenhang mit Bitcoins spürbar ist, natürlich an.
Ja und das ist genau das Problem, beziehungsweise darum möchte ich auch keine konkreten Zahlen rausrücken und so. Im Moment merkt man einfach, dass viele Leute dazukommen, die nur geldgeil sind und schnell reich werden möchten. Wenn man so eine Glückspielernatur hat, dann würde ich vom Geschäft mit Bitcoins abraten.
Mit «Geschäft» meinst du das Handlen/Traden mit Bitcoins?
Genau. Ich würde anraten, dass man sich auf jeden Fall erst zwei bis drei Jahre damit auseinandersetzt, bevor man selbst anfängt zu traden. Man muss seine Grenzen kennen. Darf nicht emotional traden. Dann kann man das Geschäft mit Bitcoins sehr verantwortungsvoll betreiben.
Wenn du deiner Grossmutter erklären müsstest, was Bitcoins eigentlich sind, was würdest du sagen?
Es ist ganz einfach digitales Bargeld. Das Geniale daran ist, dass es keine Bank mehr braucht, welche die Transaktionen verifiziert.
Wie werden die Transaktionen stattdessen verifiziert?
Durch die Community. Jeder kann im Prinzip Bank spielen. Der Bitcoin-Handel funktioniert wie ein offener Brief, bei dem jede/r jede die Transaktionen sieht.
Wie sieht diese Community aus?
Man muss schon zugeben: Sie ist sehr jung und männlich. Kommuniziert wird vor allem über Twitter.
In den Medien wird nun permanent die Sicherheit von Bitcoins angezweifelt. Dein Kommentar?
Das ist Bullshit. Ich glaube zu 1000 % an die Sicherheit von Bitcoins. Bitcoins selber wurden noch nie gehackt, sondern nur private exchanges. Wenn man keine Macht über seine private Keys hat, dann hat man im Prinzip keine Bitcoins. Das heisst: Wenn gehackt wurde, dann liegt das allein an menschlichem Versagen, aber nicht am System als solchem.
Und wie gewinnt man die Macht über seine private keys?
Indem man zuallerst ein Hardware Wallet kauft. Zum Beispiel Ledger Nano S.
Was macht die Währung Bitcoin in deinen Augen so einzigartig?
Dass es keinen CEO gibt. Die Macht liegt nicht bei einem einzigen, sondern ist demokratisch auf die Community verteilt. Ausserdem wird den Banken die Macht genommen. Diese haben die Menschheit genug lang abgezockt – das ist jetzt die Antwort. Im Prinzip wird durch Bitcoins eine finanzielle Revolution ausgelöst – der Reichtum wird umverteilt. Nicht umsonst spricht man von Cyberpunks…
Was ist deine Prognose – wo stehen Bitcoins in 10 Jahren?
Jede/r wird dann indirekt mit Bitcoins zu tun haben. Die jetzige Form ist zwar noch nicht global skalierbar, aber das wird kommen.
Immerhin hat Japan Bitcoins schon als offizielles Zahlungsmittel anerkannt und auch im Kanton Tessin und Zug kann man einen Teil der Steuern bereits mit Bitcoins bezahlen. Besonders in politisch instabilen Ländern wie Simbabwe oder Venezuela ist das Interesse an der Kryptowährung gross. Leider sind die Transaktionsgebühren derzeit noch sehr hoch.
Aber wenn Bitcoins erstmal Mainstream sind, ist ein Wert von 500’000 Dollar pro Bitcoin durchaus wahrscheinlich. Es ist allerdings auch gut möglich, dass es davor noch einmal einen 90% Drop gibt.
Wie könnte das passieren?
Etwa wenn ein Land wie die USA die Bitcoin-Währung verbieten würde.
Würdest du dann verkaufen?
Nein. Der einzige Grund, weshalb ich verkaufen würde, wäre, wenn eine Sicherheitslücke auftauchen würde. Aber erstens halte ich das für sehr unwahrscheinlich und zweitens kenne ich mich mit der Materie mittlerweile so gut aus, dass ich schnell genug reagieren könnte und vermutlich nur einen kleinen Verlust davontragen würde.
*Name von der Redaktion geändert