Seit einiger Zeit bin ich wieder in einer festen Beziehung. Das, nachdem ich zweieinhalb Jahre mehr oder weniger Single war. Diese Neuigkeit führt dazu, dass sich einige Leute dazu berufen fühlen, mir zu gratulieren. Ich kann nicht umhin, als das irgendwie irritierend zu finden.
Von Angelika Imhof
Gratuliert wird in der Regel zu festlichen Anlässen wie einem Geburtstag oder einer Hochzeit oder man gratuliert jemandem zu einem bestimmten Erfolg: Zu einer bestandenen Matura, einem gewonnenen Wettkampf, einer erfolgreichen Prüfung. Oder eben zu einer Änderung des Beziehungsstatus von „Single“ zu „Vergeben“.
Es wird einem damit das Gefühl gegeben, als habe man ein langersehntes Ziel endlich erreicht. Als habe man als Single die ganze Zeit nur eben auf diesen Moment gewartet und gehofft, wieder in einer Beziehung zu sein. Als sei man als Single immer ein bisschen unglücklich und unvollständig gewesen.
Mit dieser Vorstellung kann ich mich nicht identifizieren. Und so schön es auch ist, jetzt wieder einen Freund zu haben: Ich würde niemals sagen, dass mein Singledasein sich schlechter angefühlt hat.
Es war einfach anders.
In einer Beziehung ist meistens der Partner die erste Ansprechsperson, wenn es darum geht, die kleineren und grösseren first-world-Probleme mit jemandem zu teilen. Als Single übernimmt die beste Freundin diese Funktion der geduldigen Zuhörerin. Und anstatt am Wochenende mindestens einen Abend etwas mit dem Freund zu machen, ziehst du als Single zwei Abende mit deinen Freunden um die Häuser. Ich behaupte, dass Freundschaften nie so lebendig und eng sind, wie wenn beide Freunde Single sind.
Aber nicht nur die Beziehungen zu Freunden werden als Single stärker. Auch die Beziehung zu sich selbst wird präsenter. Wenn es niemanden gibt, für den/die du jederzeit an erster Stelle stehst und der/die dir durch seine Liebe ein einlullendes Gefühl von Sicherheit gibt, dann wirst du dir deiner Autonomie umso mehr bewusst und du lernst, dein Glück nicht von jemand anderem abhängig zu machen. Hast du schlechte Laune, so kannst du weder deinen Freund dafür verantwortlich machen, noch kannst du es an ihm austragen – du musst selbst damit klarkommen und erkennen, dass sowohl Ursache als auch Lösung vermutlich bei dir liegen.
Das klingt vielleicht erstmal anstrengender, letztlich ist es aber sehr befriedigend festzustellen, dass es kein plus1 braucht, um vollkommen zufrieden und erfüllt zu sein.
Singles, denen es so geht, könnte man doch auch mal gratulieren, finde ich.