Kürzlich habe ich mich mit zwei Freundinnen getroffen. Zum Brunch. Es war superlecker und kurzweilig, aber im Nachhinein ist mir aufgefallen: Während drei Stunden haben wir nur über uns selbst und unser persönliches Love- bzw. Sexlife gesprochen. Ist das wirklich alles, was wir zu bieten haben?
Von Angelika Imhof
Klar, ich kann verstehen, dass mir meine Freundinnen von ihren neusten Tinder-Bekanntschaften erzählen wollen. Und anfangs bin ich ja auch jeweils sehr interessiert und involviert. Aber nachdem ich das 20igste Profilfoto zu sehen bekommen habe, fängts mich an zu langweilen. Auch die Date-Berichte bieten oftmals eine gute Story. Aber stundenlang nur darüber reden? Bisschen einseitig.
Ich möchte diese Gespräche nun nicht grundsätzlich missen und es ist sicherlich Teil der sexuellen Revolution, dass wir heute so offen darüber reden. Aber es beginnt mich zu nerven, wenn es NUR noch darum zu gehen scheint.
„Ich weiss, dass ich nichts weiss“
Warum investieren wir nicht öfter in politische Diskussionen oder gesellschaftliche Diskurse und bleiben so egozentrisch in unseren Inhalten? Vermutlich, weil wir bei jeder politologischen Diskussion sehr schnell ans Ende unsere Argumentationskette kommen und uns allzu bald die Fakten und Evidenzen ausgehen. Anstatt also das Risiko einzugehen, sich eingestehen zu müssen, dass man eigentlich gar keine Ahnung hat und mit Reden eh nicht viel ändern kann, wird diese Art der Gespräche oft schon im Vornhinein vermieden.
Ein „Frauenproblem“?
Ich wage eine Genderstereotypisierung und behaupte, dass dieses Gesprächsverhalten vor allem auf Frauen zutrifft. Diese Aussage basiert schlicht auf meiner persönlichen Erfahrung.
Mit Männern rede ich zwar teilweise auch übers Sex- und Liebesleben, aber viel allgemeiner und flüchtiger. Daneben haben viele, ganz andere Inhalte Platz – ist zwar oft auch nur Gelabber, aber das vermittelt einem wenigstens nicht den Eindruck, dass man sein eigenes Privatleben so furchtbar wichtig nimmt.
Es ist ein krasses Klischee, wenn ich sage, dass meiner Meinung nach Männer eher über Sachthemen und Frauen eher über Beziehungsthemen reden, aber in der Realität scheint das leider immer noch oft so zu sein. Ich finde: Beides sollte Platz haben – und zwar etwa zu gleichen Teilen. Denn wenn man nur über sich selbst redet oder den anderen nach seinem Liebesleben ausfragt, dann fühlt man sich am Schluss wie in einer wattierten Blase. Wenn man hingegen nur über die Welt und ihre Probleme spricht, dann hat man am Ende das Gefühl, man ist dem/der Gesprächspartner/in in keinster Weise nähergekommen, weil man nichts von ihm/ihr erfahren hat.
Ein bisschen von beidem wäre also ganz schön perfekt.