Sommerferien in Montenegro – Tops, Flops und Learnings

Montenegro wird seit ein paar Jahren angepriesen als Geheimtipp, als perfekte Symbiose aus Bergwelt und Adriaküste, als Strand-Mekka. Unsere Erwartungen vor der Reise waren hoch. In diesem Artikel erfahrt ihr, ob sie erfüllt wurden.

Von Angelika Imhof

Aus der Schweiz kenne ich kaum jemanden, der*die schon mal in Montenegro war. Wie wir darauf gekommen sind, gerade hier einen Roadtrip zu machen? Durch eine Empfehlung in einem Podcast. Wir fingen an zu recherchieren und bald schon hatte uns die Begeisterung gepackt: kristallklares Wasser und unzählige Strände aller Art (Felsen, Kieselsteine, Sand), fünf Nationalpärke, über 40 Berge höher als 2000 m. ü. M., ein riesiger See, der sich im Frühling in ein Seerosenparadies verwandelt, gut gewürzte Küche mit frischem Fisch direkt aus dem Meer und das alles zu zahlbaren Preisen. Es klang beinahe zu gut. Ob die Realität da mithalten konnte? 

Nach drei Woche Montenegro kann ich sagen: Ja und Nein. In vielerlei Hinsicht hat uns das Land der schwarzen Berge begeistert, in anderer Sicht aber auch enttäuscht. Diesen positiven aber auch negativen Erfahrungen folgt dieser Artikel und fokussiert insofern nicht darauf, was man in Montenegro alles machen kann oder „gesehen haben sollte“ (dazu gibt es schon viele Blogs und YouTube-Videos), sondern wie wir die Dinge erlebt haben.

Ferien in den Bergen

Gleich zu Beginn unseres Roadtrips haben wir drei Tage im Süden des Landes am Rand des Nationalparks Biogradska Gora auf einem Katun (1400 m. ü. M.) verbracht. Ein Katun ist so etwas wie eine Alp in der Schweiz. Auf dem Katun leben die 28-jährige Danka, ihre Mutter und ihr Onkel und zusammen führen sie einen kleinen beschaulichen Bauernhof mit Kühen, frei herumlaufenden Hühnern und Schweinen. Danka kochte zweimal täglich traditionell montenegrinische Speisen für uns und ass meistens auch gleich mit, wodurch wir uns immer besser kennenlernten und mehr über ihre Lebensform und das Land lernten. Geschlafen haben wir in einem kleinen Holzverschlag mit nicht mehr als einer Matratze. Bis es am Abend dunkel wurde, hielten wir uns also draussen auf, lasen, spielten, tranken türkischen Kaffee und gingen den Tag über wandern. 

Learnings

  • Die letzten drei Kilometer Autofahrt waren eine Herausforderung für uns und unser Mietauto (Skoda Fabia), weil es sich um eine sehr holprige, steinige Off-Road handelte. Wir hatten nicht gewusst, dass uns eine solche Strasse erwarten würde und waren dementsprechend etwas gestresst. Aber als wir es schliesslich geschafft hatten, wurden wir von Danka mit einem Entspannungsbier empfangen.
  • Die Lebensweise auf dem Katun war simpel und reduziert, und irgendwann würde man sich wohl wieder nach etwas mehr Rückzugsort und Komfort sehnen. Aber für 3 Tage war der Aufenthalt perfekt. Zum Runterkommen, abschalten, Natur geniessen und vor allem: Einen Sternenhimmel der Superlative bestaunen.

Wandern

Auch das Wandern in Montenegro kann ich sehr empfehlen. Wir haben nur 3 Wanderungen gemacht und im Rückblick waren das sicherlich nicht die spektakulärsten Wanderungen, die Montenegro zu bieten hat. Wenn ich noch einmal ginge, würde ich vermutlich eine Woche nur dem Wandern widmen und folgende Berge/Regionen wählen:

– Regenwald im Biogradska Gora 

– Besteigung Bobotov Kuk

Wir haben erwandert, was gerade in der Nähe unseres Katuns lag. Die erste Wanderung war eher kurz und führte uns zu zwei kleinen Seen. Die zweite Wanderung dauerte ca. 7 Stunden und war recht abenteuerlich. Zwar liefen wir zuerst auf gut präparierten Schotterwegen und vermissten fast schon die T2/T3-Wanderwege der Schweiz, doch in der zweiten Hälfte kamen wir voll auf unsere Kosten und befanden uns plötzlich auf schmalen Wanderwegen, umzingelt von Schmetterlingen und wilden Blumen bis wir schliesslich unser Ziel erreichten – einen idyllischen klaren Bergsee. Auf der ganzen Wanderung haben wir keine*n einzige*n andere*n Wanderer*in gesehen.

Learnings

  • Teilweise haben wir den Wanderweg und die Wegmarkierungen fast nicht mehr gesehen und ohne GPS wären wir etwas aufgeschmissen gewesen. Es lohnt sich also, immer ein geladenes Smartphone mit einer Offline-Map dabeizuhaben. 
  • Auf unserer Wanderung sind wir weder an Brunnen noch an Alpwirtschaften vorbeigekommen. Daher sollte man immer genügend Wasser mitnehmen, vor allem wenn die Wanderung plötzlich einiges länger dauert, als vermutet, wie das bei uns der Fall war: Hunde haben uns die Wanderung schwerer gemacht als gewünscht. Zweimal mussten wir einen kleineren und einen grösseren Umweg einlegen, weil wir mit aggressiven, wolfähnlichen Hunden konfrontiert wurden, die einsame Katuns in den Bergen bewachten.

Essen und Trinken

Wie zuvor erwähnt, haben wir in den ersten drei Tagen die lokale montenegrinische Küche direkt ab Hof und Garten genossen. Wir assen frischgebackenes Weissbrot, Honig von den Katun-Bienen, selbstgemachte Kirschkonfitüre, süsse Tomaten mit selbstproduziertem Käse, Bohneneintöpfe mit Schweinefleischeinlage und Börek. Es war lecker, aber längerfristig hätten uns wohl die Ballaststoffe bzw. die Vollkornprodukte gefehlt. Aber für drei Tage in den Bergen war es super. 

Danach wurde die Nahrungsaufnahme leider weniger erquicklich. In den Restaurants wurden wir mehrheitlich eher enttäuscht und das Essen war entweder kalt und geschmacklos oder ganz okay, aber nicht mehr als das. Insgesamt haben wir nur ein Restaurant entdeckt, das wir richtig super fanden, und das wir daher empfehlen können: 

Konoba Bedem in Stari Bar

Good to know: Viele Kleinbauern richten in der brütenden Hitze ihre Gemüse- und Früchtestände am Strassenrand auf. Die Früchte und das Gemüse dieser Stände ist regional, saisonal und sehr preiswert. 

Learnings

  • Googlebewertungen kann nicht immer vertraut werden. Es ist wohl einige Vetternwirtschaft im Spiel.
  • Für Vegetarier*innen und Veganer*innen ist es oft schwierig, etwas auf der Speisekarte zu finden. Auch für Leute, die gerne gesund essen, ist es nicht ganz einfach, weil die Speisen häufig relativ fettig sind oder ohne jegliche Ballaststoffe auskommen (viel Weissbrot).
  • Anstatt immer wieder etwas Neues auszuprobieren, lieber bei den Restaurants/Bars bleiben, die einem zugesagt haben. 
  • Das Leitungswasser ist nicht trinkbar. Wir haben es gutgläubig getrunken und uns dann eine Magen-Darm-Infektion eingefangen.

Gastfreundschaft

Alle unsere Gastgeber*innen waren sehr herzlich und gastfreundlich und zu einigen hat sich innert kurzer Zeit so etwas wie eine kleine Freundschaft entwickelt, etwa zur 28-jährigen Danka, die wir auf dem Katun kennengelernt haben oder zur 28-jährigen Irma, mit der ich Sommersby-Apéros genoss. Oder auch zur 31-jährigen Milena, die ich in meiner Lieblingsstrandbar „Nirvana“ kennenlernte.

In den Restaurants wurden wir hingegen öfters nicht besonders zuvorkommend behandelt und manche Kellner brillierten in Ignoranz und Wortknappheit. 

Strände

Montenegro verfügt über 117 Strände aller Art (Fels, Kieselsteine, heller oder dunkler Sand). Diese Vielfalt ist grossartig. Die allermeisten Strände sind im Sommer mit Sonnenliegen ausgestattet, die man für 8 bis 15 Euro (2 Liegen + 1 Sonnenschirm) mieten kann. Es gibt zwar auch Strandabschnitte ohne Liegestühle, aber dort braucht man auf jeden Fall einen privaten Sonnenschirm, weil es sonst längerfristig zu heiss wird.

Learnings

  • Auf den Liegestühlen findet man zwar selbst in der Hochsaison immer ein freies Plätzchen, aber sie zerstören mit ihrem Look etwas die Naturidylle und Weite des Strandes, ausserdem kanns schnell ins Geld gehen und manchmal wird man leider auch von überpräsenter Musik beschallt. Kurz: Einsame Strände findet man in Montenegro im Sommer nicht, aber das ist am Mittelmeer wohl generell selten geworden.
  • Mitte bzw. Ende September schliessen die meisten Strandbars. Ich vermute, dass dann auch alle Sonnenliegen verschwinden und der Strand einfach nur Strand ist. Ausserdem lohnt es sich aus Erfahrung, den Stränden, die man besonders mag, etwas treu zu bleiben.

Unsere Lieblingsstrände

  • Tresteno Beach: Kristallklares, türkises Wasser, heller Sandstrand. Allerdings nicht zu empfehlen in der Hochsaison und an Sonntagen.
  • Malaya Beach: Am östlichen Ende des beliebten und betriebsamen Jaz Beach verbirgt sich hinter Felsen der klitzekleine Malaya Beach. Entspannte Atmosphäre, wenig Leute, gute elektronische Hintergrundmusik, Hängematten und klares Wasser.
  • Nirvana Beach: Strandabschnitt am 14 kilometerlangen Long Beach. Schwarzer, feiner Sand, klassische Sonnenliegen. Diesen Strand kann ich besonders wegen der Strandbar empfehlen. Die Nirvana-Bar transportiert einen entspannten Hippie-Vibe, der mir sonst nirgends in Montenegro begegnet ist. Das Personal ist supernett, der Food und die Getränke lecker und die Musik gut ausgewählt.
  • Wild Beach: Dieser Kieselsteinstrand liegt in einer kleinen Bucht etwas ausserhalb von Bar und ist am besten mit dem Auto erreichbar. Hier wird es nie zu voll, weil nur zwei Reihen Sonnenliegen Platz haben. Ausserdem ist die dazugehörige Strandbar sehr zu empfehlen und serviert richtig gutes Essen.

Umweltthemen

Soweit wir es mitbekommen haben, wird in Montenegro so gut wie gar kein Abfall getrennt und recycelt. Oft landet der Müll leider auch in der Natur, insbesondere auf dem Weg zum Strand wird das deutlich. Der Plastikverbrauch wird noch kaum hinterfragt und ist sehr ausgeprägt.

Fortbewegungsmittel

Der öffentliche Verkehr ist noch nicht so gut ausgebaut. Züge gibt es nur wenige und man muss sich auf eine Reise ohne Klimaanlage einstellen. Schon üblicher sind Busreisen, wobei man sich darauf einstellen sollte, dass diese nicht immer pünktlich sind.

Learning

  • Das Mietauto am besten bei einer lokalen Autovermietung buchen und nicht bei Sixxt oder Eurocar, da bezahlt man fast das Doppelte.

Fazit

Alles in allem hat es mir gut gefallen, und es gab viele fantastische und unvergessliche Momente, doch ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich das Land restlos begeistert hat. Reisenden würde ich auf jeden Fall empfehlen, in der Nebensaison zu gehen und kein Leitungswasser zu trinken 😉

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