Passend zum neuen Jahr sehnen sich viele nach Veränderung. Neues Jahr, neue Chance, so in etwa. Die meisten Vorsätze betreffen dabei meistens uns selbst. Doch werden wir mit ihnen tatsächlich glücklicher? Zufriedener? Besser? Ich kenne wenige, die das bejahen würden. Vielleicht ist es Zeit für eine neue Strategie.
Von Olivia Grubenmann
Damit wir selbst uns positiv entwickeln können, müssen wir zuerst dafür sorgen, dass es der Umwelt, in der wir leben, gut geht. Vielleicht müssen wir zuerst etwas zurückgeben, an die Welt die uns mit allem versorgt, was wir brauchen. Macht ja irgendwie auch Sinn, denn: wie sollen wir uns wohlfühlen, wenn wir unsere einzige Lebensgrundlage, unseren Planeten, destruktiv behandeln? Deswegen möchte ich im neuen Jahr die Umwelt mehr in meine Entscheidungen mit einbeziehen und nachhaltiger leben. Machst du mit? Wir haben bei Umweltexpertin Gabriele Müller-Ferch nachgefragt und einige spannende Fakten und hilfreiche Tipps zum Thema Nachhaltigkeit für dich aufbereitet.
Gabriele, wer bist du? Was machst du beruflich?
Ich bin Biologin und arbeite zum Thema Klimawandel und globale Umweltveränderungen bei ProClim, ein Forum der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz. Diesen Sommer tourte ich ausserdem für das Schweizer Fernsehen durchs Land. Zusammen mit dem Moderator Sven Epiney besuchte ich 40 verschiedene nachhaltige Projekte und deren Macherinnen und Macher. Unterwegs waren wir in einem umgebauten Solar-VW-Bus. Die zugleich wissenschaftlich fundierte wie unterhaltsame Fernsehserie „heute und hier“ widmet sich Themen wie Solarenergie, energieeffiziente Gebäude, Waldschulen, Stadtbienen und vielem mehr.
Hier geht’s zur SRF Serie „heute und hier“ mit Gabriele Müller-Ferch und Sven Epiney.
Was hat dich besonders überrascht bei den Menschen und Projekten, die ihr besucht habt?
Die grosse Vielfalt der Projekte und Personen. Es ist unglaublich wie viele motivierte Menschen in der Schweiz ihre Ideen in Sachen Nachhaltigkeit umsetzen. Jugendliche bis zu Seniorinnen; Akademiker, Businessleute oder Aussteiger. Viele kleine Initiativen, die alle zusammen wie ein bunter Blumenteppich miteinander verwoben sind, alleine durch den Gedanken der Nachhaltigkeit.
Es gibt viele Tipps, um nachhaltiger zu leben. Was hat wirklich den grössten Impact?
Es gibt nicht eine einzige Sache, die den grössten Impact hat. Alles hängt zusammen und ist sehr komplex. Mir ist wichtig, mir meinem Leben möglichst bewusst zu sein und die Verantwortung dafür zu übernehmen.
Trotz guten Absichten ziehen wir oftmals die Umwelt nicht genug in unsere Entscheidungen mit ein. Wie kann man diese Diskrepanz überwinden?
Das ist eine zentrale Frage und nicht leicht zu beantworten. Wissen alleine führt nicht zum Handeln, sonst würden wir heutzutage an einem anderen Ort stehen was den Klimaschutz anbelangt. Wie wir Entscheidungen treffen, hängt z.B. mit unserem sozialen Umfeld zusammen oder unseren inneren Werten. Der Wille alleine genügt oft nicht. Manchmal können gute Vorbilder eine Hilfe sein oder Leuchtturmprojekte, die begeistern.
Welche Apps, Organisationen, Labels oder Leitsätze helfen dir um nachhaltiger zu leben?
Will man wirklich vom eigentlichen Begriff „Nachhaltigkeit“ ausgehen, dann beinhaltet er die Bereiche Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Etwas ist nachhaltig, wenn alle Aspekte berücksichtigt werden und längerfristig für die Natur und auch für die Menschen mit ihren Bedürfnissen gesorgt ist. Da wird es ziemlich schwierig ein paar Apps oder Labels aufzuzählen. Ich habe von meinen beruflichen Tätigkeiten her sehr viele aktuelle Informationen aus der Forschung, die ich spannend finde und die mir helfen, mich zu orientieren. Aber auch privat liebe ich es, mich für ganz neue Angebote zu öffnen und sie auszuprobieren. Man lernt nie aus!
Wie macht sich der Klimawandel in der Schweiz bemerkbar?
Die Durchschnittstemperatur in der Schweiz ist seit 150 Jahren um rund zwei Grad Celsius gestiegen, weltweit ist es die Hälfte mit einem Grad Erwärmung bis heute. In den letzten 30 Jahren hatten wir keinen «kühlen Sommer» mehr in der Schweiz. Als Folge davon schmelzen unsere Gletscher, es gibt schneearme Winter und mehr Hitzetage sowie verstärkte Trockenheit im Sommer. Heisse und trockene Sommer wie dieses Jahr werden in Zukunft immer häufiger werden. Dies hat negative Folgen zum Beispiel für die Bewässerung unserer Kulturen in der Landwirtschaft, das Leben in den Städten mit ihrem Wärmeinseleffekt. Auch Starkniederschläge werden häufiger und intensiver werden und in der Folge davon Hangrutsche, Murgänge oder Überschwemmungen.
Was kann ich als Einzelperson gegen den Klimawandel tun?
Spontan würde ich sagen, wir können persönlich vor allem beim Wohnen, Essen und bei unserer Mobilität hinschauen. Vielleicht tut es auch gut, sich immer wieder in Frage zu stellen und sich zu beobachten. Ausserdem hat es eine grossen Hebel, wie wir uns politisch verhalten d.h. abstimmen gehen.
Ist es noch möglich den Klimawandel zu bremsen oder gar aufzuhalten?
Das kommt ganz darauf an, welche Massnahmen wir weltweit im Klimaschutz bereit sind umzusetzen. Je weniger Treibhausgase in die Luft geraten, desto weniger stark heizt sich unsere Erde auf. Auch wenn die Pariser Klimaziele eingehalten werden, wird die Temperatur in der Schweiz um ca. 3.5 Grad Celsius ansteigen. Das lässt sich nicht mehr verhindern. Und wenn wir weiter machen wie bisher, können es sogar rund 6.5 Grad Celsius werden bis gegen Ende des 21. Jahrhunderts.